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Gedenken 8. Mai

Kranzniederlegungen, stilles Gedenken und Friedensgebet – Demmin gedachte der Opfer des Zweiten Weltkrieges

 

Mit mehreren Veranstaltungen erinnerte die Hansestadt anlässlich des 75. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges an die zahllosen Opfer nationalsozialistischer Willkürherrschaft in aller Welt. Trotz Coronakrise hatte Bürgermeister Dr. Michael Koch am 4. Mai 2020 mit entsprechenden Sicherheitshinweisen auf den Bartholomaei-Friedhof eingeladen, um am  45-er Gräberfeld insbesondere auch der vielen Toten des Massensuizids in unserer Heimatstadt zu gedenken. In seiner Ansprache erinnerte er an das Geschehene.

„Als die abziehenden deutschen Soldaten am Morgen des 30. April die Brücken sprengten, war die Altstadt fast menschenleer. Von Vorwerk und wenig später auch von Osten rückten sowjetische Truppen in die Stadt ein. Viele, der in der Stadt Gebliebenen, hatten weiße Fahnen, weißes Bettzeug, Tisch- oder Handtücher aus den Fenstern gehängt.“ Wegen der zerstörten Brücken stauten sich die die Panzer und Artillerieverbände in der Stadt und die russische Besetzung begann. Lange Fahrzeugkolonnen verblieben in der Stadt. „Die folgende Mai-Feier führte zu schrecklichen Ausschreitungen“, so der Bürgermeister. Die Innenstadt brannte; Plünderungen und Vergewaltigungen versetzten die Bevölkerung in Todesangst, so dass unmittelbar nach diesen Ereignissen eine Welle von Suiziden von unbekanntem Ausmaß in der Bevölkerung einsetzte. Ebenso wie hunderte Demminerinnen und Demminer, nahmen sich auch hier angekommene Flüchtlinge „durch Vergiftung, Erhängen, Erschießen und überwiegend durch Ertrinken das Leben. Nach dem 3. Mai waren ca. 85 % der Häuser der Innenstadt zerstört.“ Dr. Koch verwies darauf, dass eine Aufarbeitung der damaligen Geschehnisse erst nach der politischen Wende 1990 möglich war. „1995, genau 50 Jahre nach dem Kriegsende, fand in unserer Stadt ein erstes öffentliches Symposium zu den Ereignissen in den ersten Mai-Tagen des Jahres 1945 statt. Viele Zeitzeugen berichteten über das Geschehene. Aber es gab auch viele, die keine Worte fanden.“  Das Stadtoberhaupt betonte aber zugleich, dass trotz dieser dramatischen Entwicklung damals „das Kriegsende für alle Menschen, die durch das Naziregime verfolgt wurden, die in den Konzentrationslagern und Kriegsgefangenenlagern leiden mussten, die als Zwangsarbeiter unter unmenschlichen Bedingungen ausgebeutet wurden, die auf Grund ihres Glaubens oder ihrer politischen Einstellung in den Zuchthäusern saßen und allzu oft ein Todesurteil zu erwarten hatten, im wahrsten Sinne des Wortes Befreiung bedeutete. Es darf niemals vergessen werden, dass die Ursache für all´ das Elend letztlich in der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 lag.“ Dr. Koch sprach seine Hoffnung aus, dass die Coronakrise mit all ihren Einschränkungen im persönlichen Bereich „wenigstens dazu führt, dass dieses Mal nicht - wie leider in den letzten Jahren regelmäßig -  wieder Anhänger der NPD mit einem Gefolge von lautstarken Gegendemonstranten durch die Stadt ziehen werden, um diesen denkwürdigen Tag für ihre Propaganda zu missbrauchen. Gerade deshalb dürfen wir nicht müde werden, auf die wahre Dimension der Nazivergangenheit immer wieder neu und aktuell hinzuweisen!“

Nach einer Schweigeminute verabschiedete der Bürgermeister die Teilnehmer und wünschte allen - in Anbetracht der Coronavirus-Pandemie  - vor allem Gesundheit.

 

Am Morgen des 8. Mai trafen sich erneut Mitglieder von Stadtvertretung und -verwaltung, Landtagsabgeordnete, Vertreter des Kirchenkreises, der katholischen und der evangelischen Kirchengemeinde, des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge sowie einige, wiederum geladene Demminerinnen und Demminer auf der Kriegsgräberstätte am Ernst-Barlach-Platz, zu gemeinsamem Gedenken. „In dem von Deutschland ausgegangenen Angriffskrieg mit seinen ungeheuerlichen Ausmaßen und Folgen verloren über 60 Millionen Menschen weltweit ihr Leben durch Kriegshandlungen, Völkermord, Flucht, Vertreibung oder, wie in unserer Stadt, auch durch Suizide“, betonte Altbürgermeister Ernst Wellmer in einer kurzen Ansprache nach der Kranzniederlegung. „Die meisten Toten und Versehrten hatte die damalige Sowjetunion zu beklagen: mindestens 25 Millionen, davon fast 10 Millionen Soldaten.“ Der Ortsverbandsvorsitzende des Volksbundes verwies auf die 103 sowjetischen Kriegsopfer auf dem Barlach-Platz, 125 um´s Leben gekommene sowjetische Kriegsgefangene in der Woldeforst und 2 weitere, die ihre letzte Ruhestätte auf dem Vorwerker Friedhof gefunden haben. „Sie alle hatten diesen Wahnsinnskrieg nicht gewollt; ihre Angehörigen warteten vergeblich auf ihre Heimkehr“, so Ernst Wellmer. Er zitierte aus der bekannten Rede des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker von 1985, in welcher dieser für die Bundesrepublik Deutschland den 8. Mai zum Tag der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft erklärte. Gleichzeitig betonte der Bundespräsident damals: „Der 8. Mai ist ein Tag der Erinnerung. Erinnern heißt, eines Geschehens so ehrlich und so rein zu gedenken, dass es zu einem Teil des eigenen Innern wird. Das stellt große Anforderungen an unsere Wahrhaftigkeit.“

Sodann verlas der Altbürgermeister einen Auszug aus dem Brief eines Zeitzeugen, welchen er anlässlich des ersten von der Stadt organisierten Symposiums zu Aufarbeitung der „Demminer Tragödie“ im Jahre 1995 erhalten hatte. Darin  heißt es: „Wir konnten in den ersten Jahren nach 1945 den 8. Mai nicht als Tag der Befreiung begehen. Erst nach und nach, als uns immer mehr bewusst wurde, dass die Verbrechen von Deutschland ausgingen, dass das, was wir durchlebten, Millionen Menschen vor uns in ganz Europa erleiden mussten, erwachte auch in uns der Gedanke, dass für die Völker Europas die Maitage 1945 wirklich Tage der Befreiung waren, letztlich auch für uns von einem System, das diese Gräueltaten überall zu verantworten hatte.“

„Machen wir aus unseren Kriegsgräberstätten Lernorte, aus unseren Gedenkstätten Denkstätten“, forderte der Redner und mahnte: „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Frieden braucht auch heute Mut und die Bereitschaft zur Versöhnung. Die Kriegsgräberstätten und die Gedenkorte zeigen, was auf dem Spiel steht, wenn uns dieser Mut verlässt!“

 

Am Nachmittag des gleichen Tages erinnerten die Demminerinnen und Demminer während einer Andacht und mit einem Friedensgebet in der St. Bartholomaeikirche erneut an die Kriegsopfer in aller Welt. Pastor Karsten Wolkenhauer mahnte zu Versöhnung und Frieden. Gleichzeitig wurde das im Altarraum angebrachte Trauertuch mit 1.000 aufgenähten Kreuzen zur Erinnerung an die Suizidopfer der Stadt der Öffentlichkeit präsentiert. Der Pastor verlas außerdem u.a. einen Brief von Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt, die wegen der Corona-Pandemie nicht zu dem geplanten Gedenkgottesdienst in die Hansestadt kommen konnte.

Mit dem ´Gebet der Nagelkreuzgemeinschaft von Coventry´, dem Entzünden von Kerzen und stillem Gedenken vor dem Trauertuch endete dann diese Veranstaltung. Kleine Gruppengespräche -mit gebührendem Abstand- und Nachdenken unter freiem Himmel schlossen sich an.

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Fotoserien

8. Mai Gedenken (MO, 11. Mai 2020)